Sandsteinportal - Komturhof Nägelstedt - Foto: Dieter Deubner





Hermann von Salza und die Gründung der Kommende Nägelstedt des Deutschen Ordens. {1220 bis 1222}

Beiträge zum Leben Hermann von Salzas - eines bedeutenden Langensalzaers - Teil 46

Aus gegebenem Anlass möchte ich den Fortsetzungsbericht über das Leben Hermann von Salzas unterbrechen und in die Jahre 1220 bis 1222 zurückgehen. Ich glaube dieses zwei Ereignissen schuldig sein zu müssen, welche vor einigen Tagen stattgefunden haben. Das erste Ereignis war der Besuch von Prof. Dr. Dr. h.c. Udo Arnold im April in Bad Langensalza und dabei ganz besonders die Besichtigung der Deutschordensstätten in Nägelstedt. Auf meiner Internetseite www.hermann-von-salza.de habe ich bereits kurz darüber berichtet. Ich möchte diesen Beitrag meinen Lesern des "Heimatboten" nicht vorenthalten. "Prof. Arnold ist der Präsident der Internationalen Historischen Kommission zur Erforschung des Deutschen Ordens. Er weilte auf Einladung von Bad Langensalzas Bürgermeister Bernhard Schönau am 18. und 19. April in unserer Stadt. Am Freitag stand ein Besuch in Mühlhausen auf dem Programm. Der Mühlhäuser Museumsdirektor Thomas T. Müller führte persönlich Prof. Arnold und seine Gattin durch die Franziskanerausstellung. Am Samstag standen der Komturhof (Schieferhof), die St. Georgskirche und das ehemalige Ordensgut in Nägelstedt auf dem Besuchsprogramm. Prof. Arnold zeigt sich sehr beeindruckt und nannte nach der Begehung die historische Einheit von "Schieferhof", Pfarrfilialkirche und Stiftungshof in seiner Bedeutung herausragend. Er sprach davon, dass die von ihm vorgefundenen Aspekte dieses Ensemble "in einen regionalen, landesweiten und - über den Deutschen Orden - europaweiten Kontext stellen".

Der zweite Anlass war der sehr interessante Artikel über Nägelstedt im ersten Juni-Heft 2008 des Heimatboten, in dem sich aber aus meiner Sicht einige Ungenauigkeiten über die Gründung der Kommende "Negelstete" finden. Deshalb möchte ich die Anfänge einer der ersten Thüringer Kommenden etwas näher beleuchten.

Nägelstedt war keinesfalls die erste Ordensniederlassung in Thüringen. Bereits über zwanzig Jahre vorher wurde das Ordensspital in Halle aufgebaut. Im Jahre 1200 schenkte der Erzbischof von Magdeburg dem Deutschen Orden in Halle, das damals zur Landgrafschaft Thüringen gehörte, einen Platz zum Aufbau eines schon begonnenen Armenhospitals. Am 2. Juni 1214 schenkte Friedrich II., zu dieser Zeit Römischer König und König von Sizilien, dem Deutschen Orden das Hospital in Altenburg zu ewigem Besitz. Danach gab es etliche Jahre in Thüringen keine Neuansiedlungen des Deutschen Ordens und wenn es doch Schenkungen gab, kamen diese Halle oder Altenburg zugute. Das änderte sich erst, nachdem am 22. November 1220 Friedrich II. in Rom von Papst Honorius III. zum römischen Kaiser gekrönt worden war. Hermann von Salza war extra wegen der Krönungsfeierlichkeiten von Palästina nach Rom gekommen. Und er hatte damals die Möglichkeit erst mit Friedrich und dann mit Honorius über die Situation im Heiligen Land zu sprechen. Er nutzte diese Gelegenheit vor allem dazu, für seinen Orden vom kirchlichen und vom weltlichen Herrscher umfangreiche und bedeutsame Privilegien zu erlangen. Diese Privilegien ermöglichten dem Orden und seinem Hochmeister endlich Planungssicherheit, wie man heute sagen würde. Bereits am 15. Dezember 1220 hatte Papst Honorius III. eine Bulle "an den Meister Hermann und die Brüder des Deutschen Ordens" gerichtet, in der er den ganzen Deutschen Orden mit all dessen Besitzungen in seinen besonderen Schutz nimmt und dazu über zwanzig weitere wichtige Vereinbarungen. Diese Bulle ließ sich Honorius von 14 Kardinälen unterschreiben. Ein interessantes Privileg in dieser Bulle, die im Zentralarchiv des Deutschen Ordens in Wien liegt, ist die unter Punkt 16 stehende Ermahnung an die Brüder, "ständige Wohnsitze zu haben". Das wichtigste Privileg stellte Honorius aber erst am 9. Januar 1221 aus, indem es heißt: "Papst Honorius III verleith dem Deutschen Orden alle Privilegien, Freiheiten, Immunitäten und Indulgenzen des Johanniter- und Templerordens." Damit war der Deutsche Orden den beiden anderen Ritterorden gleichgestellt. Warum Honorius dieses Privileg nicht schon im Dezember erteilt hat, kann nur den Grund gehabt haben, dass der Deutsche Orden eine große Anzahl Widersacher auf kirchlicher Seite gehabt hat und Honorius wohl vorsichtig agieren musste. Der Papst erklärte später, am 17. April 1222 in einem Befehl an die Templer, "dass sie die Brüder des Deutschordens, deren Privilegien er auf Bitten des Römischen Kaisers, der ihn am Krönungstage darum als eine besondere Gunst ersuchte, bestätigt habe, am Tragen weißer Mäntel und anderm nicht zu beirren." [Regesta Imperii Nr. 6506]. Der Hochmeister Hermann wusste sehr genau, warum er so hartnäckig um diese Privilegien mit dem Papst verhandelt hat.

Nachdem im April 1221 Friedrich II., nun als Römischer Kaiser dem Deutschen Orden ebenfalls umfangreiche Privilegien verliehen hatte, konnte Hermann von Salza mit weit höherer Sicherheit an den Ausbau der Ordensniederlassungen in Deutschland gehen, und das hatte ja auch Papst Honorius angemahnt. Da er als Hochmeister jedoch immer noch durch den Kreuzzug in Palästina gebunden war, übertrug er diese Aufgabe seinem Stellvertreter, dem Deutschmeister Hermann Otter. Dieser hatte sich besonders in Thüringen sofort an die Arbeit gemacht, neue Ordenskommenden zu gründen.

Ganz so leicht scheint er es dabei nicht gehabt zu haben. Der Erzbischof von Mainz hatte sich trotz Auflagen des Papstes seine Mitsprache vorbehalten. Und so musste im Oktober Hermann Otter in Erfurt einem Vergleich zwischen " Siegfried II., Erzbischof von Mainz und den deutschen Brüdern über die Stellung der DOGeistlichen in der Mainzer Diözese" zustimmen. Diese Vereinbarungen wurden wohl am 13. Oktober 1221 getroffen, denn es finden sich im Urkundenbuch der Ballei Thüringen zwei weitere Urkunden von dieser Zusammenkunft. So verzichtet "Hermann, Deutschmeister, … zugunsten des Erzbischofs von Mainz auf gewisse, dem DO. vom Papst gewährte Privilegien und verspricht, ohne erzbischöfliche Genehmigung keine Veränderung bezüglich der Kirche in Porstendorf vorzunehmen". Unter dieser Urkunde ist einer der Zeugen "Rudolfus de Negelstete, der in einer anderen Urkunde "dem Deutschen Hause 2 Hufen in [Alten]göttern schenkt", was Erzbischof Siegfried von Mainz bezeugte.

Das ist ganz sicher ein Hinweis darauf, dass es bereits im Jahre 1221 Ordensbrüder in Nägelstedt gab. Am 26. Januar 1222, also nur 3 Monate nach der Erfurter Zusammenkunft, kaufte der Deutsche Orden vom Propst Dietrich und dem Kapitel von Maria Stiegen zu Mainz "das Praedium mit dem Patronat zu Negelstede [Nägelstedt] für 100 Mark, weil das Kapitel davon keinen Nutzen hat". So steht es im Regest Nr. 109. des Deutschordens-Zentralarchiv in Wien, wo diese Urkunde auch heute noch aufbewahrt wird. Bereits vom 27. Januar 1222 gibt es die Bestätigung dieses Verkaufs durch den Erzbischof von Mainz [Urkundenbuch der Deutschordensballei Thüringen Nr. 19.]. Unter Nr. 20 steht im Urkundenbuch die Urkunde Kaiser Friedrich II., der bei Jato auf der Insel Sizilien im Juli 1222 dem Deutschen Orden "den Besitz von Nägelstedt, den er vom Stift St. Marien ad gradus in Mainz gekauft hat, mit Vogtei und Patronat" bestätigt. Die Regesten des Geschlechts Salza beziehen sich bei der Wiedergabe dieser Urkunde auf ein zweites Original, das wohl im Staatsarchiv in Dresden liegt, dort folgt noch nach Patronate: "… Acker und Weide dies= und jenseits der Unstrut [und dem Ufer] der Illeyb bis an die Ufer der Thunna und von da an bis an die Weide des Dorfes Illeben [weiter] zur Stadt Saltza". Nach den Regesten des Geschlechts Salza ist dies "das erstemal, daß der Ort, von denen sie [die Herren von Salza] den Namen führten, als Stadt bezeichnet wird".

Im Jahre 1235 muss die Kommende Nägelstedt schon sehr gefestigt gewesen sein. Hermann von Salza schickte jedenfalls den Nägelstedter Komtur "Arnold von Nawendorff" mit dem Altenburger Komtur Ehrenfried nach Livland, um die Situation des Schwertbrüderordens zu erkunden, ich berichtete darüber im Teil 41 der Beiträge zum Leben Hermann von Salzas.

Aus dem Jahre 1503, gut zweihundertachtzig Jahre nach der Gründung, gibt ein Verzeichnis der Häuser der Ballei Thüringen, indem es über Nägelstedt u. a. heißt: "IV. Neilstaedt, hat: 3 Herren mit dem Creutz und sind 2 Priester: 1 Mühle die Lohmühle genannt: 25 Huffen Landes: 35 Acker Wiesen: 2 Weingärten, als der Großberg, so wüste, hält 16 Acker, liegen noch 4 Acker darinnen, des andern sind 4 Acker im Narrentheil: 100 Acker weiden zu Feuerwerck und Zäunen: 1 Fischwasser die Unstedt genannt: hebt sich an am Thurm zu Merxleben und endet sich im Fernthal:"…. Ich habe dieses Verzeichnis in "Einige alte Nachrichten von der Ballay Thüringen" gefunden, aufgeschrieben von M. George Christoph Kreysig (1754/1758) in "Historische Nachrichten zu Hermann von Salza und dem Deutschen Orden in Thüringen". Diese wurden 2006 neu herausgegeben von Robert Schmidt, Oschatz, in Mitteldeutscher Erzähler, Band 43.
Diese kurzen geschichtlichen Abrisse zeigen, dass es sinnvoll und wichtig sein dürfte, sich noch eingehender mit der fast achthundertjährigen Geschichte des Deutschen Ordens in Nägelstedt zu befassen, da ja auch das Leben des Thüringer Landkomturs Hans von Germer [1548-1559] historische Dimensionen hat.

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Dieter Deubner Bad Langensalza, den 18. Juli 2008